Artikel in der Jüdischen Allgemeinen vom 13.9.2012:
Ein Seifenladen in Vancouver wird Ziel von Antizionisten – doch es gibt Gegenwehr.
Shanie Bar Oz verkauft Seife. Vor zweieinhalb Jahren eröffnete sie ihren Laden »Lavan« im Zentrum der kanadischen Westküstenmetropole Vancouver. Erst ein gutes Jahr zuvor hatte die heute 33-jährige Unternehmerin Tel Aviv verlassen und war nach Kanada ausgewandert.
Die Produkte, die Bar Oz in ihrem Geschäft verkauft, importiert sie aus Israel. Das nehmen seit Ende vergangenen Jahres einige zum Anlass, um gegen den Laden zu protestieren. Bereits drei Mal wurde er Ziel anti-israelischer Agitation.
Unterstützer Im November 2011 erhielt Bar Oz eine Nachricht der jüdischen Föderation der Region Vancouver, die sie über eine geplante Aktion vor ihrem Laden informierte. So konnte die junge Frau Unterstützer einladen, die sich in und vor dem Laden aufhielten, während sich Anhänger der Kampagne »Boycott Israeli Apartheid« davor postierten und zur Ächtung des Geschäfts aufriefen.
Die folgenden Proteste jedoch kamen überraschend: »An einem Tag rief mich eine meiner Angestellten unter Tränen an«, erinnert sich Bar Oz. »Dutzende standen vor dem Laden und riefen Parolen. Sie hatten zwei gebastelte Puppen in der Gestalt des israelischen Außenministers Lieberman und eines Geiers dabei. Es war furchtbar.«
Vancouver gilt als vielfältige und multikulturelle Stadt. So empfindet es auch Bar Oz. Umso weniger Verständnis hat sie für die Attacken. »Ich produziere und verkaufe ganz einfach Seife und werde zu einer Repräsentantin, die den Menschen Israel erklären muss«, sagt sie. Die Boykott-Kampagne scheint das anders zu sehen: »Diese Leute behaupten, wir versuchten, durch unser Duschgel und Seife die Unterdrückung der Palästinenser aufrechtzuerhalten.«
Aktionswoche Die Proteste gegen Lavan waren Teil einer weltweiten Aktionswoche gegen »israelische Apartheid«. Charlotte Kates, eine der Beteiligten der Kampagne, ließ gegenüber der Online-Zeitung »Huffington Post« verlauten, der Boykott gegen israelische Produkte werde so lange fortgeführt, bis Israel internationales Recht einhalte. »Israel hat kein Existenzrecht. Kein rassistischer Staat hat ein Existenzrecht«, so Kates.
Nach den ersten Protesten wandte sich Bar Oz an die jüdische Gemeinde und örtliche Rabbiner. Daraufhin wurde als Gegenmaßnahme zu einem sogenannten Buycott aufgerufen. Mehrere Zeitungen berichteten darüber.
Seitdem gibt es in Vancouver wie auch international vielfältige Solidarität: eine eigene Facebook-Gruppe, Online-Bestellungen, unterstützende Anrufe. Die israelische Band »Hadag Nachash« wie auch Kanadas Einwanderungsminister Jason Kenney besuchten den Laden. Die jüdischen Gemeindezentren motivierten ihre Leute dazu, dasselbe zu tun. »Die Unterstützung, die ich erhalten habe, hat mir unglaublich viel Kraft gegeben«, sagt Bar Oz. Mittlerweile seien die Verkaufszahlen sogar gestiegen.
YouTube Zu den internationalen Unterstützern gehört auch Michael Jonas aus Florida. Als er in einem Artikel las, was Bar Oz widerfuhr, nahm er Kontakt zu ihr auf: »Was sie Shanie antaten, ging eindeutig zu weit.« Er begann damit, einen YouTube-Kanal zum Thema zu betreiben, um den Feinden des Geschäfts nicht das Internet zu überlassen. Nach wie vor wünscht er sich finanzielle Unterstützung. »Was ich gern sehen würde, wäre, dass Shanie die reichste Person Kanadas wird, damit die Agitatoren wünschten, sie hätten sie einfach in Ruhe gelassen.«
Jonas meint, es sei kein Zufall, dass ausgerechnet eine Aktionsform gewählt wurde, deren Erfolg sich nicht messen lasse. Den Boykotteuren gehe es darum, sich besser und edler zu fühlen, weil sie auf der Seite des vermeintlich Schwächeren stehen.
Auch ein Kunde, der sich im Geschäft umsieht, stellt das Anliegen der Aktivisten infrage: »Ich arbeite in einem französischen Delikatessenladen. Frankreichs Politik wird auch von vielen kritisiert – aber niemand käme auf die Idee, deshalb unseren Laden zu boykottieren.« Bar Oz fügt hinzu, Israel sei wahrscheinlich weltweit der einzige Staat, gegen den es eine »Anti-Woche« gebe.
In letzter Zeit ist es, trotz einer ganzen Reihe anti-israelischer Aktivitäten in Vancouver, zu keinen weiteren Aktionen gegen das Geschäft gekommen. Bar Oz hofft, dass dies so bleibt: »Ich habe einen Eindruck davon bekommen, welche Macht Politik hat und wie kompliziert sie ist. Ich will einfach nur Frieden und ein ruhiges Leben.«